Gleich zwei schöne Berichte über unseren Berliner Jubiläumskongress zu 250 Jahren Pastoraltheologie: von Theresa Focke auf Y-nachten und von Michael Schrom in Publik Forum (für 1 Euro hinter der Bezahlschranke). Vielleicht haben sich die zweieinhalb Jahre Vorbereitung ja doch gelohnt?
Aus dem Bericht von Theresa Focke:
„Die Frage nach den Anfängen der Pastoraltheologie führt nach Wien zurück ins Jahr 1774. Kaiserin Maria Theresia von Österreich begründete im Rahmen einer Studienreform die Pastoraltheologie als Universitätsdisziplin. Von da aus entwickelte sie sich in vielfältiger Weise: Damals ursprünglich zur Sicherstellung der Klerikerausbildung etabliert1, bildet die Pastoraltheologie heute ein sowohl hinsichtlich ihrer Untersuchungsgegenstände als auch hinsichtlich ihrer Methoden vielseitiges Fach. In ihrer 250jährigen Fachgeschichte sowie heute bewegt(e) sich diese Disziplin in mehreren Zwischenräumen – eine Idee, die zum ‚theologische[n] Leitmotiv des Kongresses‘ der Arbeitsgemeinschaft Pastoraltheologie erhoben wurde.“
„Menschliches Leben spielt sich nicht an eindeutigen, stabilen Orten ab, sondern in Zwischenräumen. […] Leben in Zwischenräumen verläuft nicht einfach neutral, ruhig und selbstverständlich. Es ist von durchaus ambivalenten Grunderfahrungen geprägt.“ (aus dem Konzeptpapier des Kongresses, vorgestellt von Christian Kern)
„Der großen Bedeutung menschlicher Erfahrungen in der Pastoraltheologie entsprechend brachte der Kongress gesellschaftliche und kirchliche Erfahrungen des Dazwischens zum Ausdruck. In einem Podiumsgespräch traten Dirk Weinspacher, Mara Klein und Christiane Florin in den Austausch: Persönliche Abwägungsprozesse und Machtaspekte, die politisch-öffentlichen und insbesondere auch kirchlich geführten Diskursen inhärent sind, wurden u.a. beleuchtet. Die Beteiligten verorteten sich hierbei in unterschiedlicher Weise inner- aber auch außerhalb eines Dazwischens – hinsichtlich Reformbestrebungen und Kirchenaustritt, binärer gesellschaftlicher Geschlechterrollen und selbstverständlicher Geschlechterdiversität, persönlicher Überzeugungen und politischer Anordnungen. Inwiefern dem Dazwischen im Spannungsfeld von Konflikt und Kreativität auch eine Kraft zukommen kann, spürten Regina Elsner, Johanna Beck und Manaf Halbouni in einem weiteren Podiumsgespräch nach. Neben eindrücklichen persönlichen Schilderungen des Zermalmtwerdens im Dazwischen zeigte sich hier und in dem vorausgegangenen Podiumsgespräch, dass (einer Verortung in) dem Dazwischen durch sein Störpotential gegenüber festgefahrenen Strukturen und Simplifizierungen auch eine subversive Kraft zukommen kann. Johanna Beck verwies in diesem Zusammenhang gemäß des Slogans ‚Bildet Banden‘ auf neue Allianzen und Ressourcen, die im Dazwischen erwachsen und Veränderungen erwirken können.“
„Lets make a billion to our starting point. Lets open up to multiple sources of knowledge. […] Learning continues all the time.“ (Nontando Hadebe).
„In den unterschiedlichen Formaten des Kongresses wurde deutlich, dass das Dazwischen einen fluiden und hybriden Raum bildet, der zum einen in gewisser Weise als Hilfskonstruktion dient und auch wieder der Dekonstruktion bedarf, zum anderen auch durch Macht und Deutungshoheit geprägt ist. Im Anschluss an Nontando Hadebe und Christiane Florin sehe ich es als eine zentrale pastoraltheologische Aufgabe, dominante Narrative öffentlich zu durchbrechen und ihnen ‚andere Erzählungen‘ entgegenzusetzen.“
„Von den Wünschen an eine Pastoraltheologie für die Zukunft, die von den Tagungsmitnehmer*innen geäußert wurden, möchte ich abschließend einige schlagwortartig aufführen: Eine kritische, lebendige Vielfalt und keine selbstreferentielle Verschlankung; Mut; Pastoraltheologie als fröhliche Wissenschaft; Innovation; Diversität; flache Hierarchien; Pastoraltheologie als Ressource für die Gesellschaft auf dem Weg zu einem gerechteren, lebenswerteren Leben für alle.“