Am 29. November 2023 hielt Christian Preidel seine Antrittsvorlesung an der Universität Luzern. Stephanie Bayer gibt einen Einblick in den Abend im Neubad.
Gibt es das Neue überhaupt? Oder ist die Kultur in einer Zeitschleife gefangen? Ist es Aufgabe der Theologie, das Immergleiche zu wiederholen? Oder hat gerade die praktische Theologie der ewigen Wiederholung etwas entgegenzusetzen? Diesen Fragen ging Prof. Dr. Christian Preidel im Rahmen seiner Antrittsvorlesung auf den Grund.
Mit der Wahl des Veranstaltungsortes steckte Christian Preidel bereits den inhaltlichen Rahmen für seinen Vortrag ab. Abseits bekannter universitärer Wände lud er seine Gäste am Mittwochabend ins Neubad Luzern ein – ein ehemaliges Hallenbad der Stadt Luzern, das als Veranstaltungslokalität und kreativer Workingspace bespielt wird. In der einzigartigen Atmosphäre dieses besonderen Ortes konnten die Gäste mit all ihren Sinnen sowohl den Vortrag genießen als auch im Anschluss beim Apéro den Abend mit sorgfältig ausgesuchtem Wein aus Franken, köstlichen Snacks und anregenden Gesprächen ausklingen lassen.
Wie wiederholen?
In seinem Vortrag betrachtet Christian Preidel die Kunst der Wiederholung hinsichtlich bildungstheoretischer Fragen anhand popkultureller Beispiele. Gerade im universitären Kontext muss darüber nachgedacht werden, wie wir Menschen ausbilden, damit sie zu Persönlichkeiten werden, die sich kritisch mit der Gegenwart auseinandersetzen. Bildungsauftrag muss deshalb mehr bedeuten, als immer wieder dasselbe zu wiederholen.
Gerade die Theologie und speziell die Pastoraltheologie haben sich diesem Anspruch zu stellen. Anhand von drei Formen der Wiederholung – Loops, Wieder-Holung und Wider-Holung – eröffnet Christian Preidel dem Publikum Möglichkeitsräume, wie das Wiederholen gedacht werden kann und gibt Einblicke in sein Verständnis von Bildung.
Vom Loop zur Wieder-Holung
Als Loops betrachtet Christian Preidel Schleifen, die in der radikalen Gegenwart hängenbleiben und wiedergeben, was immer wieder wiedergegeben wird – so wie in der Produktion von Popmusik. „Der Loop ist die technische Reproduktion ohne Erinnerung und ohne Hoffnung als Zeichen unserer Zeit.“ Innerhalb einer universitären Lehre könnte diese Aufgabe, also das geschichts- und zukunftslose Wiederholen ohne Weiteres von einer KI übernommen werden.
Soll Theologie jedoch noch Relevanz und Bedeutung haben und Studierende zu handlungs- und kritikfähigen Persönlichkeiten ausgebildet werden, so wäre an eine andere Form der Wiederholung zu denken. Dabei geht es nicht um das Wiederholen der Vergangenheit um des endlosen Loops willen, sondern um die Konfrontation des Selbst mit der Vergangenheit, wie eine bruchstückhafte Betrachtung von sich selbst und des Vergangenen im Spiegel, um „sich dadurch wieder neu zu entdecken, sich wiederzugewinnen, sich wieder zu holen“. Aufgabe der Theologie ist es dann, das Dazwischen von Vergangenheit und Zukunft „im Modus des Lebens in der Gegenwart“ zur Sprache zu bringen.
Einspruch als Wider-Holung
Um die Erfahrung des Widerspiegelns zu verdeutlichen, benennt Christian Preidel mit dem Wider-Holen eine dritte wichtige Kategorie der Wiederholung. Etwas zur Sprache bringen kann auch bedeuten, etwas aus der Vergangenheit zu vergegenwärtigen, um Einspruch in der Gegenwart einzulegen, um dazwischenzutreten. Sich als handlungs- und einspruchmächtig im Angesicht der Tradition mit allen Sinnen zu erfahren ist insofern Aufgabe theologischer Persönlichkeitsbildung.
Hier sieht Christian Preidel u.a. auch die Aufgabe der Pastoraltheologie und seine zukünftige Bildungsaufgabe an der Universität: „Der Pastoraltheologie muss die Vergangenheit um der Zukunft willen etwas anderes werden. Keine Wiederholung, sondern eine Wider-Holung.“
Stephanie Bayer ist wissenschaftliche Assistentin an der Professur für Pastoraltheologie in Luzern.
Weitere Bilder der Antrittsvorlesung finden Sie hier.